REFLECTION

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CARL MICHAEL VON HAUSSWOLFFS FREQ_OUT

BRANDON LABELLE

ARTIST & WRITER, FORMER FREQ _OUT MEMBER

 

The acoustical interplay between sound and space is more than a physical fact. As the legacy of sound art demonstrates, such interplay is rich in detail, laced with a potential to activate perception, redraw architectural borders, fashion forms of inhabitation out of the transient sparks of sonority, create new relations in and amongst the crowd. In this regard, “sound” and “space” are no longer separate entities or concepts, but a synthesized totality whose definition is specific to each location, each event, each instant of their interplay. A radical ecology, the sound-space interplay is an organism spawning dramas of perception and interaction, and what it means to be situated.

Bringing together artists, composers, architects, producers, and musicians, the freq_out project is built upon such dramas, seeking to invade architecture with sonic imagination. Curated by Carl Michael von Hausswolff, a Swedish artist working for many years in the visual and sonic arts, freq_out has appeared in Copenhagen, Oslo, Paris, Berlin, Chiang Mai (Thailand), Budapest, Kortrijk (Belgium), Amsterdam, Marrakesh (Morocco) and Uppsala (Sweden) in the last 13 years. The last event is now being held in Vienna. Structured as a collaborative sound environment in which authorship is determined by group effort, each of the participants is assigned an individual “zone” within the given space, determined by location or speaker position, and a specific range of frequency with which to produce a sound piece. Working in the space, discovering its features or exploring sonic material, sound pieces are developed through this social framework, according to intuitive notions of musicality, narrative, sonicity, structure, fantasy…: collaboration occurs as an embodied response to what already exists, either as spatial textures or the given currents of each of the participant’s work. That is, decisions, discussion, and arguments occur primarily through and by sound. As a final presentation each zone is usually equipped with its own loudspeaker system and CD player from which the individual pieces are amplified. Such a strategy offers an element of autonomy to each participant, while creating the possibility that any interference between works will only function to heighten the sonic experience.

That is to say, the sound environment partially functions “through” interference by creating overlaps, overtones, intersections and deflections across the frequencies and between individual pieces, according to a visitor’s movements through the space, and the durational evolution of the sounds.

While trends in sound art display and presentation often struggle to shield individual works from each other, to lessen the disturbance or interference between, freq_out intentionally seeks out interference and interruption. In this way, it suggests potential models for the presentation of sound art (and the construction of sound-spaces) based on incorporating the collective intermingling sound inevitably presents rather than ignoring or attempting to close it off. As von Hausswolff proposes, freq_out is based on a notion of collectivity that doesn’t overshadow the individual. Thus, each participant is implicated into the greater whole, not so much through democratic imperative in which majority always rules, but through nurturing a rather anarchic field of cooperation. For each participant is able to extend beyond their individual practice as a way to meet the others “in” the space, and importantly “through“ the sound. The exhibition or presentation space not only functions as an architectural and acoustical partner, but also as a meeting point for cooperation and interruption — in this sense, the sound-space interplay not only draws out other conditions for experiencing place, but also enmeshes individual perception within the folds of a greater event found in coming together. For freq_out is plurality raised to the X-degree, splintering space, ricocheting through the mind, dislocating the individual body and planting new arrangements within the ecology of temporal experience. Though this is not to say that what results is pure utopia, in which each participant or sound is represented fully, for certainly in the resounding frequencies intermingling and intermeshing, beating against walls, surprising the ears from every perspective, any sense of musicality or cooperation may bleed into cacophony. Might this in the end provide a way to think through what it means to cooperate and collaborate through sonic experimentation, “to meet through sound”— that the framework of this cultural action is just as much about conflict and the potential of noise as it is about resolution.

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CARL MICHAEL VON HAUSSWOLFFS FREQ_OUT

BRANDON LABELLE

KÜNSTLER & AUTOR, FRÜHERES FREQ_OUT Mitglied 

 

Das akustische Wechselspiel von Klang und Raum ist mehr als ein physikalischer Tatbestand. Wie die Geschichte der Klangkunst zeigt, ist solch ein wechselseitiges Verhältnis reich an Details und steht in engem Zusammenhang mit dem Potenzial, Wahrnehmungsprozesse in Gang zu setzen, architektonische Grenzen neu zu entwerfen, aus den flüchtigen Spuren von Klanglichkeit, Lebensformen zu schaffen, innerhalb eines Gefüges neue Beziehungen zu knüpfen. In diesem Sinn sind „Klang“ und „Raum“ keine voneinander getrennte Einheiten oder Konzepte, sondern eine durch Synthese zusammengefügte Ganzheit, die für jeden Ort, für jedes Ereignis, für jeden Moment ihres Wechselspiels spezifisch definiert wird.

Wie eine radikale Ökologie definiert die Wechselwirkung von Klang und Raum einen Organismus, bringt Dramen der Wahrnehmung und der Interaktion hervor und verdeutlicht, was es bedeutet, an einem bestimmten Ort zu sein. Auf solchen Dramen basiert das freq_out-Projekt, das Künstler, Komponisten, Architekten, Produzenten und Musiker zusammenbringt, um mit Klang-Imagination Architektur zu durchdringen. freq_out wird seit 13 Jahren vom schwedischen Künstler Carl Michael von Hausswolff kuratiert, der seit vielen Jahren in der Gegenwarts- und Klangkunst aktiv ist. Die bisherigen zehn Ausgaben fanden in Kopenhagen, Oslo, Paris, Berlin, Chiang Mai (Thailand), Budapest, Kortrijk (Belgien), Amsterdam, Marrakesch und Uppsala (Schweden) statt; die 12. und letzte Ausgabe nun in Wien. Die Struktur von freq_out ist die eines kollaborativen Klang-Environments, in dem sich die einzelnen Autoren immer auf die Gruppe beziehen. Jedem der Teilnehmer wird innerhalb eines gegebenen Raumes eine eigene „Zone“ für seine Klangarbeit zugewiesen, die durch Ort oder Position des Lautsprechers und durch einen spezifischen Frequenzbereich begrenzt ist. Im Rahmen dieses Sozialsystems entwickeln sich die Stücke, durch das Aushorchen des Raumes und des Klangmaterials und entsprechend den je individuellen Vorstellungen von Musikalität, Narrativität, Klanglichkeit, Struktur und Fantasie: Kollaboration erscheint als Verkörperung dessen, was bereits existiert, als räumliche Textur oder in den Verläufen der einzelnen Arbeiten. Das bedeutet, dass Entscheidungen, Diskussionen und Argumente im und durch Klang erscheinen. Jede Zone hat meist ihre eigene Schallanlage (Lautsprecher und CDPlayer), über die die individuellen Stücke abgespielt werden. Diese Strategie verschafft jedem Teilnehmer Autonomie und ermöglicht gleichzeitig, dass jede Interferenz zwischen den Arbeiten das Klangerlebnis erweitert. Das bedeutet, dass sich das Klang-Environment teilweise durch Interferenz herstellt – „durch“ Überlappungen, Obertöne, Überschneidungen und Frequenzabweichungen –, je nach den Bewegungen des Besuchers durch den Raum und den Klangverlauf.

Während es heute in der Klangkunst oft darum geht, individuelle Werke voneinander abzugrenzen, gegenseitige Störungen und Vermengungen zu vermeiden, sucht freq_out diese Interferenz bewusst auf: freq_out schlägt mögliche Modelle der Präsentation von Klangkunst (und der Konstruktion von Klang-Räumen) vor, die darauf basieren, die kollektive Vermischung von Klang mit einzubeziehen, und setzt sich somit zwangsläufig einer Haltung entgegen, die solche ignoriert oder ausschließt. Nach von Hausswolff beruht freq_out auf einer Vorstellung von Kollektivität, die das Individuelle nicht überdeckt. Jeder einzelne Teilnehmer ist in ein größeres Ganzes integriert, nicht so sehr im Sinne des demokratischen Imperativs, in dem immer die Mehrheit regiert, sondern vielmehr im Sinne des Aufbaus eines Kooperationsfeldes: Jeder Teilnehmer geht über seine individuelle Kunst hinaus, um die anderen im Raum, und – was noch wichtiger ist – durch Klang zu treffen. Der Ausstellungsraum fungiert nicht nur als architektonischer und akustischer Mitspieler, sondern auch als Ort der Kooperation. In diesem Sinne stellt die Wechselwirkung von Klang und Raum nicht nur andere Bedingungen für den experimentellen Umgang mit dem Ort, sondern bindet auch die individuelle Wahrnehmung in größere Ereignisse ein. Für freq_out wächst die Vielfalt bis zu einem unbekannten Grad an, zersplittert den Raum, schnellt wie ein Querschläger durch den Kopf, disloziert den individuellen Körper und arrangiert eine neue Ökologie der Zeiterfahrung. Das bedeutet jedoch nicht, dass das Ereignis pure Utopie ist, in der jeder Teilnehmer oder Klang vollständig repräsentiert ist, denn im Widerhall der Frequenzen, die sich vermischen und verstricken, wenn sie von den Wänden reflektiert werden und die Ohren aus jeder Perspektive neu überraschen, mag jeder musikalische oder empathische Fehltritt auf eine Kakophonie hinauslaufen (so wie eine Darmverstimmung bekanntlich jede Unterhaltung zerstört). Am Ende soll ein Weg aufgezeigt werden, der die Bedeutung eines kooperativen Experiments mit Klang deutlich werden lässt – „man trifft sich im Klang“ Im Kontext dieser kulturellen Praxis geht es um Konflikte, ebenso, wie um das Potenzial von Lärm und die Auflösung von Widersprüchen.